Zeitsynchronisation über Modem
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Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen stellt in Österreich die Einheiten für Frequenz und Zeit dar. Diese Einheiten werden an Interessenten auf verschiedene Art weitergegeben, z.B. durch die Kalibrierung von Frequenzmessgeräten, Normalfrequenz- generatoren und Zeitmessgeräten.
Hier soll ein Verfahren beschrieben werden, das es ermöglicht, Zeitinformation direkt von der Atomuhr in einen Computer zu laden. Das dazu verwendete Zeitverbreitungssystem TDS wurde am Institut für Nachrichtentechnik und Wellenausbreitung der TU – Graz entwickelt. Das Gerät wird von der Atomuhr mit Sekundenimpulsen und einer Normalfrequenz versorgt und ist über ein Modem mit dem öffentlichen Telefonnetz verbunden.
Ein Hauptanwendungsgebiet dieses Zeitverbreitungssystems ist es, PCs, die für zeitkritische Langzeitmessungen verwendet werden, in periodischen Abständen über das Telefonnetz mit der genauen Zeit zu versorgen, damit sie ihre Systemuhr nachstellen können. Solche Messsysteme werden häufig im Umweltschutz verwendet, z.B. für die Fluglärmüberwachung in der Umgebung von Flughäfen.
Das Zeitverbreitungssystem bietet auch eine Reihe anderer nützlicher Informationen, wie z.B. die Differenz zwischen den Zeiten UT1 und UTC, genannt DUT1. Diese Information ist für astronomische Beobachtungen von Bedeutung. Weiters wird das modifizierte Julianische Datum angegeben, eine fortlaufende Tageszählung, die in der Präzisionszeitmessung oft für die Datierung von Ereignissen verwendet wird. Das Zeitverbreitungssystem kündigt Schaltsekunden, den Wechsel zwischen Normal- und Sommerzeit und Änderungen von DUT1 eine Woche im Voraus an.
Das Zeitverbreitungssystem kompensiert die Laufzeit der Übertragungsstrecke. Es kann dafür einen voreingestellten Wert verwenden oder es kann die Laufzeit der von Ihnen verwendeten Übertragungsstrecke individuell messen und diesen Wert verwenden.
Falls Sie mit dem Zeitverbreitungssystem arbeiten wollen, benötigen Sie dafür ein Modem und zumindest einen PC mit Terminalprogramm. Bitte beachten Sie, dass die Arbeitszeit mit 2 Minuten begrenzt ist, danach unterbricht das Zeitverbreitungssystem die Verbindung.
Das Zeitverbreitungssystem des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen erreichen Sie unter der
Tel. Nr. +43 1 21110 826381.
Achtung! Nur die vom BEV verbreitete Zeitinformation wird von der österreichischen Normalzeit abgeleitet.
Computer Synchronisationsprogramme
Im Internet finden sich Programme, die die Synchronisation der PC-Uhr automatisch vornehmen. Bei manchen Programmen kann die Abfrage per Modem erfolgen, dazu muss die Telefonnummer des BEV-Modemzeitdienstes eingegeben werden.
Im Folgenden werden Datenformate und Befehle des Zeitverbreitungssystems beschrieben.
Format des Zeitcodes
Sobald Sie mit dem Zeitverbreitungssystem verbunden sind, sendet es Ihnen jede Sekunde eine Kette von 80 ASCII – Zeichen, welche die Zeitinformation der folgenden Sekunde enthält. Das folgende Beispiel zeigt eine solche Zeichenkette (Zeile 3), gibt die Positionen der einzelnen Zeichen an (Zeilen 1 und 2) und kennzeichnet die einzelnen Datenfelder (Zeilen 4 und 5).
Angaben zur Lokalzeit
A Jahr
B Monat
C Tag
D Stunde
E Bei der Umstellung von Sommerzeit auf Normalzeit haben zwei aufeinander folgende Stunden die selbe Nummerierung. Um diese Stunden eindeutig zu kennzeichnen, wird bei der ersten der beiden Stunden anstelle des Trennzeichens ‘:’ der Buchstabe ‘A’ übertragen, bei der zweiten der Buchstabe ‘B’.
Beispiel für die Umstellung von Sommerzeit auf Normalzeit:
1997-10-26 02A59:58 CEST
1997-10-26 02A59:59 CEST
1997-10-26 02B00:00 CET
1997-10-26 02B00:01 CET
Bei der Umstellung von Normalzeit auf Sommerzeit ist diese Kennzeichnung nicht nötig, da eine Stunde ausfällt.
Beispiel für die Umstellung von Normalzeit auf Sommerzeit:
1997-03-30 01:59:58 CET
1997-03-30 01:59:59 CET
1997-03-30 03:00:00 CEST
1997-03-30 03:00:01 CEST
F Minute
G Sekunde
H Kennung der verwendeten Lokalzeit:
CET:Central European Time, Mitteleuropäische Zeit
CEST: Central European Summer Time, Mitteleuropäische Sommerzeit
I Wochentag, 1 = Montag, 7 = Sonntag
J Woche des Jahres
K Tag des Jahres
L Monat der nächsten Umstellung von Sommerzeit auf Normalzeit oder umgekehrt
M Tag der nächsten Umstellung von Sommerzeit auf Normalzeit oder umgekehrt
N Stunde der nächsten Umstellung von Sommerzeit auf Normalzeit oder umgekehrt
Angaben zu UTC
O Jahr
P Monat
Q Tag
R Stunde
S Minute
Die Minute von UTC und Lokalzeit ist im gegenständlichen Fall immer gleich. Es gibt jedoch Länder, deren Lokalzeit sich von UTC nicht durch eine ganze Anzahl von Stunden unterscheidet. Das Zeitverbreitungssystem ist so konzipiert, dass es auch in solchen Ländern verwendet werden kann.
T Modifiziertes Julianisches Datum (MJD)
MJD ist eine fortlaufende Tageszählung, die am 17. Nov. 1858 beginnt.
U DUT1 in 1/10 Sekunden
DUT1 ist die auf 0,1 s gerundete Differenz von UT1 und UTC (DUT1 » UT1 – UTC)
UT1 (Universal Time 1) ist ein Maß für die Winkelposition der Erde bei der Drehung um ihre Achse. Die Dauer der Sekunde von UT1 ist von der Rotationsgeschwindigkeit der Erde abhängig und daher nicht konstant.
UTC (Coordinated Universal Time) wird von Atomuhren abgeleitet. Die Dauer der Sekunde von UTC ist konstant und von der Rotationsgeschwindigkeit der Erde unabhängig.
Damit die beiden Zeiten nicht beliebig auseinander laufen, werden bei UTC nach Bedarf Schaltsekunden eingefügt (siehe auch V). Dadurch wird erreicht, dass der Absolutwert von DUT1 niemals 0,9 s übersteigt.
Den vom BEV weitergegebenen Werten liegen die vom International Earth Rotation Service (IERS) im Bulletin B, Abschnitt 1, veröffentlichten Vorhersagen zugrunde. Bei einem Vertrauensniveau von 95% ist der Absolutwert der Differenz der vom BEV weitergegebenen Werten und der im Bulletin B, Abschnitt 1, nachträglich veröffentlichten endgültigen Werten kleiner als 0,063 s.
Zwei Nullen anstelle der Angabe von DUT1 bedeuten, dass zur Zeit kein DUT1 übertragen wird.
V Ankündigung einer Schaltsekunde (Vorzeichen und Monat)
Am Ende des letzten Tages des angegebenen Monats wird die Schaltsekunde entsprechend dem Vorzeichen eingefügt.
Beispiel einer positiven Schaltsekunde im Juni 1997:
1997-06-30 23:59:58
1997-06-30 23:59:59
1997-06-30 23:59:60
1997-07-01 00:00:00
Beispiel einer negativen Schaltsekunde im Juni 1997:
1997-06-30 23:59:57
1997-06-30 23:59:58
1997-07-01 00:00:00
1997-07-01 00:00:01
Hinweis: Negative Schaltsekunden sind bei der derzeitigen Rotationsgeschwindigkeit der Erde nicht zu erwarten.
Drei Nullen anstelle der Angabe der Schaltsekunde bedeuten, dass derzeit keine Schaltsekunde angekündigt ist.
Infos und Bezugspunkt der Zeit
W Kompensation der Verzögerung der Übertragungsstrecke in ms.
Gibt den Zeitunterschied an, um den die vom Zeitverbreitungssystem ausgesandte Zeit der Zeit der Uhrenanlage des BEV voreilt. Dadurch sollen die Verzögerungen des Übertragungsweges (Modems, Leitungen) kompensiert werden.
Sie können entweder mit der vom BEV voreingestellten Zeit (z. Z. 50 ms) arbeiten, was für praktisch alle PC- Anwendungen ausreichend ist, oder Sie können für Fälle besonderer Genauigkeit die Verzögerung des Übertragungsweges vom Zeitverbreitungssystem individuell messen lassen.
X Zeilennummer (0 bis 9) der Botschaft, siehe Y
Y Botschaft des Betreibers
Es können maximal 10 Zeilen zu je 14 Zeichen übertragen werden.
Die Zeilen 0 und 1 dienen zur Kennung des Labors, zB.:
Time from
BEV
In den Zeilen 2 und 3 werden Schaltsekunden (höchste Priorität), Umschaltungen zwischen Sommer- und Normalzeit und Änderungen von DUT1 (niedrigste Priorität) eine Woche im Voraus angekündigt, z.B.:
!Leap Sec. on!
! 1997-06-30 !
!cest -> cet !
! 1997-10-26 !
!New DUT1 on !
! 1997-12-13 !
Die restlichen Zeilen können beliebigen Text enthalten, z.B.:
==============
Type 2 slashes
to stop code
and ? for help
==============
Z Sichtbare Zeitmarke
Die sichtbare Zeitmarke wird als ‘*’ dargestellt, wenn Sie mit der voreingestellten Zeit für die Kompensation der Verzögerung des Übertragungswegs arbeiten (siehe auch W). Wenn Sie das Zeitverbreitungssystem die Verzögerung Ihrer Übertragungsstrecke messen lassen und die Messung erfolgreich beendet wird, dann wird die Zeit für die Kompensation für Sie individuell gesetzt und die sichtbare Zeitmarke ändert sich zu ‘#’.
a Zeitmarke
Der Bezugspunkt der Zeit ist die führende Flanke des Startbits des LF. Die während der vorangegangenen Sekunde übertragene Zeitinformation wird in diesem Moment gültig.
Help – Funktion und Befehle
Wenn Sie während der Aussendung des Zeitcodes ein ’?’ tippen, dann unterbricht das Zeitverbreitungssystem die Aussendung des Zeitcodes, begibt sich in den Command Mode, ruft die Help – Funktion auf, und es erscheint das folgende Bild:
TDS>?
COMMAND DESCRIPTION
——— ———————-
CCT Continue Code Transmission
GDM Generator Delay Measurement
UDM User Delay Measurement
// Stops code transmission – enters command mode
QUIT terminates telephone call
?, Help Help
ESCAPE character (dec 27) terminates help
Diesem Block können noch weitere Informationen des Betreibers folgen.
Die nicht selbsterklärenden Befehle werden im Folgenden beschrieben.
GDM – Generator Delay Measurement
Diese Funktion dient zur Messung der Verzögerungszeit der Übertragungsstrecke. Das Zeitverbreitungssystem sendet dazu 8 CR – LF im Abstand von jeweils 1s aus. Das Gerät am anderen Ende der Übertragungsstrecke muss für diese Messung so eingestellt sein, dass es alle ankommenden Zeichen wieder zurücksendet (Echo). Das Zeitverbreitungssystem kann somit die Summe der Verzögerungen der beiden Übertragungsrichtungen messen und nimmt die Hälfte dieses Wertes als Verzögerung für eine Richtung an.
Die Messergebnisse werden anschließend einem Plausibilitätstest unterworfen. Ergibt dieser Test dass zumindest 3 der Messungen gültig sind, wird aus den gültigen Messungen der Mittelwert und die Standardabweichung der Verzögerung für eine Richtung berechnet. Sind weniger als 3 Messungen gültig, dann liefert das Zeitverbreitungssystem die Meldung „No delay compensation (Inconsistent Data)“.
Nach der Messung beginnt das Zeitverbreitungssystem sofort wieder mit der Aussendung des Zeitcodes. War die Messung erfolgreich, dann wählt das Zeitverbreitungssystem den Zeitpunkt der Zeitmarke so, dass die gemessene Laufzeit kompensiert wird, und setzt die sichtbare Zeitmarke auf ‚#‘. War die Messung nicht erfolgreich, dann bleibt die vorhergehende Einstellung der Kompensation der Laufzeit unverändert.
Beispiel einer GDM – Messung:
TDS>gdm
GDM in progress
Number of measurements: 8
Mean [ms]: 065.344
Std. Dev. [ms]: 01.608
Samples: 8
1997-07-09 17:35:05 CEST 32819010260319970709153550638+50000652 #
1997-07-09 17:35:06 CEST 32819010260319970709153550638+50000653 #
1997-07-09 17:35:07 CEST 32819010260319970709153550638+50000654==============#
1997-07-09 17:35:08 CEST 32819010260319970709153550638+50000655Type 2 slashes#
1997-07-09 17:35:09 CEST 32819010260319970709153550638+50000656 to stop code #
1997-07-09 17:35:10 CEST 32819010260319970709153550638+50000657and ? for help#
1997-07-09 17:35:11 CEST 32819010260319970709153550638+50000658==============#
1997-07-09 17:35:12 CEST 32819010260319970709153550638+50000650 Time from #
1997-07-09 17:35:13 CEST 32819010260319970709153550638+50000651 BEV #
1997-07-09 17:35:14 CEST 32819010260319970709153550638+50000652 #
1997-07-09 17:35:15 CEST 32819010260319970709153550638+50000653 #
1997-07-09 17:35:16 CEST 32819010260319970709153550638+50000654==============#
1997-07-09 17:35:17 CEST 32819010260319970709153550638+50000655Type 2 slashes#
TDS>quit
UDM – User Delay Measurement
Diese Funktion dient ebenfalls zur Messung der Verzögerungszeit der Übertragungsstrecke. Das Zeitverbreitungssystem und das Gerät am anderen Ende der Übertragungsstrecke haben jedoch vertauschte Rollen. Nach dem UDM – Befehl sendet das Zeitverbreitungssystem für eine Zeitdauer von 10 s alle ankommenden Zeichen zurück. Das Gerät am anderen Ende der Übertragungsstrecke hat dadurch die Möglichkeit, eine Laufzeitmessung durchzuführen.
// – Stop Code Transmission
Wenn Sie zwei Schrägstriche innerhalb von ca. 1 s tippen, dann kommen Sie in den Command Mode und es erscheint die Eingabeaufforderung TDS>.
Haftung:
Das BEV übernimmt keine Haftung für Schäden, die aufgrund eines Ausfalls des Modemdienstes des BEV oder infolge einer fehlerhaften Übertragung durch das Zeitverbreitungssystem des BEV bei den Benutzern entstehen.